HzE ambulant und was dahinter steckt …

Wir wollten wissen, was die Arbeit in unseren ambulanten Hilfen zur Erziehung eigentlich ausmacht, welche Ziele die Kolleg*innen verfolgen und welche Kernkompetenzen von Menschen mitgebracht werden sollten, die in diesem Fachbereich tätig werden wollen. In einem kurzen Interview haben wir hierzu Thomas Kralovsky befragt, der bei der AWO pro:mensch gGmbH den Fachbereich Ambulante Hilfen leitet.

Ambulante Hilfen zur Erziehung – wenn du jemandem, der davon noch nie etwas gehört hat, in wenigen Worten erklären müsstest, worum es sich bei dieser Fachleistung handelt, was würdest du sagen?

Hilfen zur Erziehung richten sich an Familien und werden vom Jugendamt gewährt. Sie greifen dann, wenn eine dem Wohl der Kinder entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist. In einem solchen Fall kommen unsere Teams der Ambulante Hilfen zur Erziehung zum Einsatz. Sie unterstützen Familien quasi direkt in ihrer Lebenswelt. Denn Adressat der Ambulanten Hilfen ist die gesamte Familie. Wir beraten Eltern in ihrer Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung. Wir helfen bei Erziehungsfragen. Wir fördern Kinder und Jugendliche in ihrer persönlichen Entwicklung hin zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Und wir schützen sie vor Gefährdungen. Dabei geht es immer auch darum, besondere Belastungen in der Lebenssituation oder Beeinträchtigungen auf Seiten der Eltern und/oder der Kinder zu bewältigen. Heißt, den jungen Menschen wird bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsprobleme (z.B. Schul- oder Integrationsproblemen) geholfen, ohne sie aus dem sozialen Umfeld herauszulösen. Ziel ist es, die Verselbständigung der Heranwachsenden unter Beibehaltung des Bezugs zur Familie zu fördern.

Wer ist Empfänger*in dieser Leistungen und was sind die Schwerpunkte in den Ambulanten Hilfen?

Wir arbeiten mit Familien, Kindern und jungen Erwachsenen in allen nur vorstellbaren sozialen, persönlichen und erzieherischen Krisen. Beispielsweise begegnen wir Familien, die durch erzieherische oder familiäre Konflikte, Trennung, psychische Erkrankungen, materielle Sorgen und/oder schulische Probleme belastet sind.

Welches Ziel verfolgt ihr in und mit eurer Arbeit?

Unsere Unterstützungsangebote sind flexibel und greifen die jeweilige Situation des einzelnen Kindes bzw. der Familie mit ihren individuellen Sorgen, Nöten und Stärken auf. Unser Ziel ist es, Konfliktlösungs- und Bewältigungsmöglichkeiten der Familie in ihrem sozialen Umfeld so zu erweitern, dass sie wieder in der Lage ist, auftretende Probleme selbständig zu meistern. Damit soll u.a. auch die Unterbringung minderjähriger Kinder außerhalb der Familien vermieden werden. Voraussetzung für eine solch langfristig angelegte Betreuung und Begleitung ist die Bereitschaft der gesamten Familie zur Mitarbeit.

Welches sind die besonderen Herausforderungen im Job?

Ich würde behaupten, Ambulante Hilfen zur Erziehung gehören mit zu den herausforderndsten und anspruchsvollsten Tätigkeiten, die ein*e Sozialarbeiter*in ausüben kann. Die Ausgangssituationen, die zum Anlass für die ambulante Hilfe werden, sind oft schwer auszuhalten: Gewalt, Armut, Krankheit, Überforderung. Die Fachkräfte haben die Aufgabe, Situationen und Lebenskonstellationen der Klient*innen fortlaufend gut zu interpretieren. Auf dieser Grundlage gilt es dann angemessene Hypothesen für wahrscheinlich hilfreiche Aktivitäten zu entwickeln. Diese Hilfeangebote müssen dann einzelfallbezogen in Gang gesetzt und die Folgen des Handelns begleitet werden. Dabei brauchen die Fachkräfte neben umfassenden fachlichen Kompetenzen auch die Fähigkeit, rasch tragfähige Arbeitsbeziehungen zu den Klient*innen aufzubauen, sich dabei gut zu vernetzten und selbst zu organisieren.

Seit knapp einem Jahr Pandemie und besonderen Vorkehrungen: Wie gestaltet ihr den Kontakt zu den Familien? Haben sich die Themenschwerpunkte in der Arbeit mit den Familien verändert?

In Zeiten der Corona-Krise sind diese Familien durch den Wegfall von tagesstrukturierenden und unterstützenden Angeboten wie Schule, Kita, aber auch beratenden und therapeutischen Angeboten bis hin zu Selbsthilfegruppen rund um die Uhr auf sich allein gestellt. Eltern und Kinder sind auf ihren – mitunter sehr beengten – Wohnraum begrenzt und müssen mit den hieraus entstehenden Dynamiken zu Rande kommen. Mittlerweile haben die Fachkräfte gemeinsam mit den Familien vielfältige Möglichkeiten und Wege gefunden, die Zusammenarbeit auch unter den corona-bedingten Kontaktbeschränkungen fortzuführen. Begegnungen finden bei gemeinsamen Spaziergängen, auf Spielplätzen, in ausreichend großen Räumlichkeiten und unter konsequenter Anwendung der Hygiene-Regeln, aber auch mit Hilfe von digitalen Medien (Video-Meeting, Telefonkonferenzen etc.) statt. Die Umsetzung digitaler Beratungsarbeit hat ein enormes Maß an Kreativität freigesetzt, um Kinder, Jugendliche, Mütter und Väter, die nun mehr denn je der Unterstützung bedürfen, verlässlich zu begleiten. 

Welche Qualifikationen und Eigenschaften sollte ich mitbringen, wenn ich Teil Ihres Teams werden wollte?

Neben der formalen Qualifikation durch ein Studium der Sozialen Arbeit oder vergleichbarer Ausbildungen solltest Du Spaß an der Arbeit mit Menschen haben, Lust auf die Zusammenarbeit im Team und die Kommunikation mit den Familien und die Bereitschaft, zusammen mit den Familien Lösungen für immer wieder neue Themen und Herausforderungen zu finden.

Danke für das Interview, Thomas!