Gemeinsam mit pro familia und anderen Verbänden hat der AWO Bundesverband in einem offenen Brief an die Bundesregierung seine tiefe Besorgnis über die derzeitige Lage in Polen ausgedrückt. Am 22. Oktober hat der polnische Verfassungsgerichtshof ein fast vollständiges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen ausgesprochen. Auch Abbrüche wegen „schweren und irreversiblen fötalen Defekten oder unheilbaren Krankheiten, die das Leben des Fötus bedrohen“ sind nun verfassungswidrig. „Schon jetzt gehen Schätzungen von bis zu 100.000 illegalen Abtreibungen in Polen im Jahr aus. Das Urteil verschlimmert die ohnehin schon sehr schwierige Lage, in der sich die betroffenen Frauen befinden, deutlich“, so der Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbandes, Wolfgang Stadler. „Das bisherige Reisen in umliegende Länder ist durch die Corona-Pandemie jetzt auch nicht mehr möglich, d.h. ungewollt schwangere Frauen sind komplett allein gelassen und werden zu verzweifelten Maßnahmen greifen, um die Schwangerschaft zu beenden.“ Die AWO steht für das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung und solidarisiert sich mit den betroffenen Frauen.
Das Urteil hat große Proteste in der polnischen Bevölkerung ausgelöst. Begonnen durch Aufrufe von lokalen Frauenrechtsgruppen, werden sie inzwischen von breiten Bevölkerungsschichten unterstützt, täglich werden es mehr. Dabei werden ihre friedlichen Proteste mit massiver Gewalt entweder durch Polizisten oder rechtsextreme Gruppen beantwortet. „Die AWO ist sehr besorgt über die Menschenrechtsverletzungen und fordert die Bundesregierung auf, die Gewalt durch staatliche und nichtstaatliche Akteure zu verurteilen. In der EU-Grundrechtscharta wird das Recht auf Versammlungsfreiheit garantiert. Dies muss auch für Demonstrationen gegen ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen gelten“, schließt Wolfgang Stadler.